27. Februar 2012
Stellungnahme zum Kreishaushalt 2012
Die Beschlüsse der vergangenen Jahre; insbesondere im letzten Jahr + zusätzliche Perso- nalstellen sind mit gleichzeitig weiterer Schuldenrückführung nicht umzusetzen. Allenfalls ohne Nettoneuverschuldung. Dies versucht der vorgelegte Haushalt.
Für den diesjährigen Haushalt war im 1. Entwurf (Planungsstand 2.1.2012) eine Kreisumlagensteigerung um 3,3\\\\% geplant. D.h. von 2011: 43.9\\\\% Kreisumlage dann eine Steigerung auf 47.2\\\\% und das ohne eine Netto-Neuverschuldung (Allerdings ist eine Haushaltsermächtigung in Höhe von 6,97 Mio € für Kreditaufnahme, die in dem Haushalt von 2011 möglich war, in den 2012er Haushaltsbeschluss übertragen worden.
Um eine Neuverschuldung ganz zu vermeiden, müsste zum Ausgleich die Kreisumlage ganz massiv erhöht werden.
Betrachtet man den Haushalt einschließlich der Zweckverbände (wie von uns mehrfach angergt), haben wir es der Anregung unseres Kreisausschussmitglieds und Finanzexperten Dr.Kaltenhauser zu verdanken, dass für diese Gruppe als Gesamtes eine Nettoneuverschuldung vermieden bzw. stark reduziert werden kann: indem eine weitere Schuldenaufnahme auch für einen der Zweckverbandshaushalte durch interne Ausleihung aus den liquiden Mit- teln des Landkreises vermieden wird – also ein interner Kredit.
In den letzten Jahren haben wir hier meist einstimmig durchaus kostenträchtige Beschlüsse für verbreiterte Bildungsmöglichkeiten unserer Jugend und in die Qualitätssteigerung wohn- ortnaher gesundheitlicher Betreuung der Bürger gefasst.
Die Umsetzung dieser Projekte : 2 neue Realschulen – Erneuerung des kreiseigenen Berufs- schulzentrums III und Investitionen für bedeutende Verbesserungen im Klinikum Aschaffen- burg sowie im Kreiskrankenhaus Alzenau erfordert(e) in den letzten 8 J eine Gesamtsumme von weit über 65 Mio €. (Mit den Sonderschulen in Hösbach gar über 80 Mio).
Die „übrigen Kreisaufgaben“ müssen auch erfüllt werden: erhebliche soziale Leistungen für Mitbürger, die durch Krankheit , durch Arbeitslosigkeit oder sonst benachteiligt sind, – Leistungen für den ÖPNV und für den Erhalt und Umbau der Kreisstrassen, für Kulturaufgaben, Brandbekämpfung; Abfallwesen und…und…und .
So wie der Kreis von seinen Kommunen eine Kreisumlage fordert, müssen für kreisübergrei- fende Aufgaben Bezirksumlagen von den Kreisen an die Bezirkstage gezahlt werden.
Für den finanziellen Ausgleich dieser Bezirksaufgaben müssen wir in diesem Jahr einen 4\\\\% höheren Umlagesatz als 2011 weiterleiten. Statt 25,5 Mio müssen 30,85 Mio € der Kreiseinnahmen an den Bezirk weitergeleitet werden.
Dies dürfen wir nicht so sehr kritisieren, denn im Jahr 2009 waren einige Sozialleistungen (z.B. Frühförderstellen und Integrationshelferstellen) noch von den Kreisen direkt zu finanzieren und führten vordem auch zu jährlichen Kostensteigerungen. Diese sozialen Hilfestellun- gen insbesondere für Behinderte oder von Behinderung Bedrohter sind damals Aufgabe des Bezirks geworden. So kommen diese in den Jahren davor auch schon ständigen Kostenstei- gerungen, die unseren Haushalt direkt belasteten, inzwischen auf dem Umweg über den Bezirk wieder auf uns zurück. Seit 2010 müssen Jahr für Jahr höhere Bezirksumlagen gezahlt werden – von 2009 niedrigstem Stand 15,5\\\\% – mussten die Umlagesätze auf 16,1, dann 18,5 und jetzt auf 22,4 (bzw. 22.5) gesteigert werden.
Sollte vielleicht der frühere Zustand wiederhergestellt werden- hätten wir dann einen besseren Einfluss auf Kosteneinsparungen durch ein vielleicht besseres Kostenmanagement? (es könnte die Frage nach ev. Abschaffung des Bezirkstages angesprochen werden)
Vor der eingangs ausgeführten 3.3\\\\%-igen Kreisumlageerhöhung auf 47,2\\\\% hatte die Haushaltsplanung Anfang Dezember 2011 noch einen rechnerisch kleinen Fehlbetrag zu Lasten der Ausgaben. Auf Nachfrage nach Einsparungen seitens Dr. Kaltenhausers kam die Aus- sage des Landrats : Es gäbe keinerlei Luft für Einsparungen.
Von vielen Bürgermeister-Kreisräten war diese Umlageerhöhung wohl als unzumutbar angesehen worden - so hätte sich z.B. im Haushalt von Alzenau eine Erhöhung ggü. 2011 von ca 1.3 Mio ergeben- eingeplant hatten wir immerhin knapp 46\\\\% Umlageerhöhung – es ergibt sich nun immerhin noch ein Mehrbetrag von etwas über 80.000 ggü. Einplanung.
Dann hatte zur Kreisausschusssitzung am 30.1.2012 die Mehrheitsfraktion des Kreises gefordert, eine Absenkung der Kreisumlageerhöhung auf unter mindestens 3\\\\% möglich zu machen; das war dann völlig überraschend zu dieser Sitzung auch im Haushaltsplan als Vorlage möglich gemacht worden (ohne vorherige schriftliche Ankündigung).
Während bisher für eine solche Forderung immer Vorschläge zur Einsparung gemacht wer- den mussten, war die CSU-Forderung diesmal ohne konkrete Einsparungsvorschläge gemacht worden und wurde dann so im Kreisausschuss (mit einem Vorgaberahmen von 2.6\\\\%: etwa 0,9 Mio € im Ertrags- und Finanzhaushalt) beschlossen.
Auf die Nachfrage (Dr.Kaltenhausers), wo konkret die Einsparung jetzt festzumachen sei? Antwort (Landrat): „Hoffnungswerte“: – dass Einnahmen etwas höher ausfallen, Ausgaben etwas gebremst werden könnten und noch offene Personalstellen ohnehin meist verzögert besetzt werden.
Auch die Zinsausgaben sind um 250.000€ niedriger angesetzt als zuvor-: seltsam, dass dies innerhalb weniger Wochen erfolgte, da sich der Kapitalmarkt in dieser Zeit nicht verändert hat.
Ein so erstellter Haushalt, in dem einfach bestimmte Planzahlen auf einmal nach unten korri- giert werden, ruft erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit solcher Zahlen hervor und erinnert an kameralistische Zahlenwerte. (Für manche Positionen können – da es ja nur um den gesamten Zahlenfluss geht – solche „imaginären“ Zahlen evtll. eingesetzt werden).
Einen schon fast auf der Zunge liegenden Antrag auf ev. weitere Absenkung um 1⁄2 Mio € hat sich Kollege Kaltenhauser aber in der Ausschusssitzung vom 30.1. dann doch verkniffen.
Fakt ist allerdings, dass wir in den letzten Jahren immer wieder beobachten konnten, dass durch Mehreinnahmen im Bereich Steuern und sonstige Erträge jeweils zusätzliche Einnah- men (im Vergleich zu angesetzt), erzielt wurden; dass Personalstellen nicht voll besetzt wur- den oder einige Ausgabentitel doch deutliche Einsparungen brachten. Das sind dann vermut- lich die „Hoffnungswerte“ des Landrates und der CSU.
Der Haushalt weist beim Stellenplan für das Landratsamt nach 3 Jahren (2009-2011) ständiger Planstellenreduzierungen um 18,1 Stellen (von 329,3 Stellen in 2009 bis 2011:311,2 Stellen) nun in 2012 wieder eine Stellenmehrung um 14,1 Stellen aus. 325,3 Stellen sind angesetzt. Diese Fluktuation ergibt sich vorzugsweise im Bereich Soziales und Familie. Einige Stellen sind durch staatliche Vorgaben erforderlich und werden staatlich mitfinanziert.
Die Begründung für die Stellenmehrung durch vermehrte Aufgaben für Amtsvormundschaften, Schulsozialarbeit, Erziehungsbeistandschaften, sozialpädagogische Familienhilfe und für die Umsetzung der „Hartz 4“ Zusatzgelder für Kinder; für die Wohngeldauszahlungen, die Seniorenberatung und das Ehrenamt erscheinen den FDP-Kreisräten nicht nur wünschenswert sondern auch sinnvoll für individuelle Hilfen für Bürger des Landkreises. Die neuen Schulen brauchen auch Hausmeister und die neue Stelle für Umwelt- und Energieberatung ist zukunftswichtig: Der Stellenplan findet unsere Zustimmung
In diesem Zusammenhang eine Anmerkung zur von uns begrüßten Ehrenamtskarte des Landkreises: die Informationen und Bedingungen dazu sind in der Bevölkerung und bei den Vereinen noch nicht so richtig bekannt geworden. Es kam zu Unmutsbekundungen bei manch langjährig Vereinsaktiven, deren Arbeit nicht „belohnt“ wurde, obwohl zumindest gleicher Einsatz gezeigt worden sei. Hier sollte nachgearbeitet werden, damit nicht eine gute Sache schlecht geredet wird – andererseits aber doch eine gewisse Exklusivität bewahrt wird.
Auffälliger erscheint mir der Kostenansatz für Personal im Vergleich Rechenergebnis 2010 (mit 317,2 Planstellen): 17.445.903,05 € und der Kostenansatz für 2012: 18.557.000 € für nunmehr 325,3 Planstellen. Für 8,1 Planstellen mehr wird eine um 1,1 Mio € höhere Finanzausgabe erwartet.
Auch wenn gegenüber 2010 vielleicht Lohnsteigerungen von 6\\\\% angesetzt werden müssen, dann bedeutet es, dass jede der 8.1 Planstellen bei angesetzten 13 Monatsgehältern + Nebenkosten im Durchschnitt 8.789 € monatlich verdienen würde.
Ist der Personaletat zu hoch angesetzt?
Im neuen Haushaltsplan ist der Vorschlag seitens der FDP-Fraktion, eine Liquiditätssteue- rung einzurichten, insofern aufgegriffen worden, dass jetzt der Zweckverband Realschule Großostheim durch liquide Mittel (, die gedanklich unseren „Deponie-Rücklagen“ zugeordnet sind) querfinanziert wird und der Zweckverband selbst kein Geld aufnehmen muss. Den Zinsunterschied von Geldaufnahme und -Anlage sparen wir ein.
Eine solche Liquiditätssteuerung könnte aber noch weiter zur zwischenzeitlichen Tilgung von Krediten verwendet werden (Ein entsprechender Antrag dazu wird seitens der Fraktion vor- gelegt.)
So sollte die „Liquiditätssteuerung“ optimiert werden – ggf. auch durch Übertragung an die Sparkasse als Dienstleister.
Noch ein paar Sätze zur Sparkasse.
Sie ist in unserer Bilanz aufgeführt. Allerdings mit dem Wert 0. Es muss uns Kreisräte inter- essieren, wie sich der wirtschaftliche Wert unserer Sparkasse entwickelt - wir haben als Landkreis auch eine Haftung für die Sparkasse und erhalten ggf auch Beteiligungsbeträge davon. Die Sparkasse ist auch betroffen von den Problemen, die die Bayerische Landesbank vor 4(?) J hatte und für dieses Jahr 2012 ist zu erwarten, dass auf Forderung von Brüssel, die bayerischen Sparkassen nochmals zur Kasse gebeten werden. Die Kollegen aus Hessen setzen ihre Sparkassen in der Bilanz wertmäßig ein und es gibt ein klares Verfahren, wie sich dieser Wert ermittelt. Deshalb stellen wir als FDP-Fraktion hiermit den Antrag, die Wertent- wicklung unserer Sparkasse auf Basis der hessischen Methode für die letzten 5 Jahre zu ermitteln, auch wenn der Wertansatz in der Bilanz angabegemäß nicht verändert werden darf. Falls es möglich ist, soll versucht werden dabei auch den Wertverluste der Bayer. LaBa separat darzustellen. Ein entsprechender Antrag wird im Anschluss vorgelegt.
Der Landkreishaushalt wurde vor 3 Jahren auf doppische Haushaltsführung umgestellt. Das muss mit zunehmender Zeit in allen Bereichen geschehen, in denen Finanzströme laufen. Eine gesamthafte „Konzernbetrachtung“ muss das langfristige Ziel sein.
Im Rahmen der Doppik ist die Konzentration auf die ev. Neuverschuldung nicht so sehr zielführend, sondern die Betrachtung, dass wir mit Fremdkapital einen Vermögenswert erwerben, der zwar zu einer Bilanzverlängerung führt, aber schon vorzeitig von Nutzen ist. Es kann auch ein Nutzen sein, dass sich Einzahlungen an anderer Stelle ergeben oder auch Auszah- lungen an anderer Stelle vermeiden lassen – Beispiel dafür: Bildung - Ausbildung.
In diesem Zusammenhang die Frage: haben wir im Aschaffenburger Bereich immer noch einen bayernweit besonders hohen Anteil an Schulabgängern ohne Bildungsabschluss zu- mindest der Grund / Hauptschule? Vor etwa 6-8 Jahren habe ich in einer bayerischen Statistik gelesen, dass etwa 8\\\\% der abgehenden Schüler des Landkreises Aschaffenburg keinen Abschluss haben.
Im Ausländerbeirat ging es jüngst um die Schwierigkeiten, die ausl. Mitbürger haben, wenn ihre Kinder eingeschult werden und sie selbst und auch ihre Kinder noch nicht richtig der deutschen Sprache mächtig sind. Diesem Problem sollten wir uns auch im Kulturausschuss nochmals gesondert annehmen.
Das waren einige Randbemerkungen – Marginalia
Wir haben in der Fraktion ernsthaft diskutiert, ob wir den Haushalt ablehnen sollten.
Die Ablehnung hätte ihren Grund in der recht willkürlichen Festsetzung der Erhöhung der Kreisumlage bzw die dann erfolgte allmähliche Absenkung auf den letzten Wert von 2.4\\\\%, obwohl zuvor schon 2.6\\\\% festgestellt – obwohl bereits bei diesem Wert im Beschluss stand:
Verbesserungen für den Haushalt durch Ausgabeminderungen oder Einnahmesteigerungen sind nur zur Reduzierung der Kreditaufnahme einzusetzen. Das lässt manche Zahlen im Haushalt, der einen bestmöglichen Plan für das kommende Haushaltsjahr darstellt, mit Fragezeichen versehen.
Andererseits hat wir die FDP-Fraktion allen Beschlüssen für Investitionsmassnahmen, die dieser Haushalt enthält zugestimmt – d.h. sie mitverursacht. Zum Anderen wurde ja eine unserer Anregungen im Hinblick auf die interne Verrechnung durch eigene Guthaben weitere Kreditaufnahmen zu vermeiden, in einem ersten Teilschritt aufgegriffen. So werden wir dem Haushalt, dem Stellenplan und auch dem Haushalt des Kreiskrankenhauses zustimmen.
Allerdings erwarten wir, dass bei zukünftigen Haushaltsbeschlüssen nicht mehr der Eindruck entstehen kann, zur Festsetzung des Kreisumlagehebesatzes könne der Haushalt durch „Hoffnungswerte“ verändert werden.
Wir finden es gut, dass Sie Herr Landrat bestrebt sind, die Verschuldung des Landkreises trotz erheblicher Investitionen in die Bildung unserer Jugend nicht massiv zu erhöhen, sondern inzwischen nicht mehr nur in mehrjährigen Abständen den Kreisumlagehebesatz anheben.